Protokoll Kick-Off-Meeting Inszenierungsdatenbank

Meeting am Freitag, den 20.05.2022

Anwesende: Janine Thoenelt, Kay Ramczyk und Sören Fenner (Theapolis), Anne John und Steffen Klewar (Fonds Darstellende Künste), Anne Schneider (Archivprojekt Pilkentafel), Bernward Tuchmann (INTHEGA), Birgit Walkenhorst (Iaprofth – RLP), Chantal Köppl (Deutsche Nationalbibliothek), Christine Henniger (ITI, Mediathek), Claudia Marks (Performing Arts Festival), Daniela Rippl und Peer Quednau (Kulturreferat München), Detlev Baur und Ulrike Kolter (Die Deutsche Bühne), Elisabeth Caesar (Spectyou), Henning Fülle und Janina Benduski (Archive der Freien Darstellenden Künste e.V.), Judith Brückmann (Berlin Bühnen), Julia Beck und Franziska Voß (Fachinformationsdienst Darstellende Kunst), Kai Festersen (Schauspielhaus Bochum), Livia Rutishauser (Dachverband Tanz Deutschland), Klaus Illmayer (Theadok.at), Patrick Primavesi (Tanzarchiv Leipzig, TW Uni Leipzig), Margret Schild und Anne Blankenberg (Theatermuseum Düsseldorf), Martina von Bargen (LaFT Nds.), Matthias Hirschbiegel (KOKOS.event), Maxim Wittenbecher (Internationales Theater Institut), Melanie Gruß (NFDI4C, TW Uni Leipzig), Rainer Glapp (Gründer Theaterportal 2002), Rüdiger Koch (Hanauer Papiertheater e.V.), Sara Tiefenbacher (Theadok.at), Stefan Eschelbach (Deutscher Bühnenverein), Stefan Grünig (hinto.ch), Sven Schabram (HAU Hebbel am Ufer), Ulf Otto (LMU), Wilma Renfordt (Impulse Theater Festival), Caroline Helm (Tanzarchiv Leipzig e.V.), Beat Estermann (Berner Fachhochschule)

 

1. Begrüßung und Vorstellung des Anliegens

Zu Beginn erfolgt die Eröffnung des Kick-Off Meetings mit der Vorstellung von Sören Fenner, als Gründer von Theapolis.

Anliegen und Vision des heutigen Zusammentreffens ist der Austausch über die Gründung einer gemeinsamen, diskriminierungsfreien Inszenierungsdatenbank mit dem Ziel, die “harten Daten” von Produktionen und Werken quantifizierbar, vergleichbar, sichtbar und vor allem nutzbar und zugänglich zu machen. “Harte Daten” zu Inszenierungen werden von vielen Seiten und für diverse Zwecke genutzt. Sie sind oft der Dreh- und Angelpunkt für wissenschaftliche, künstlerische und journalistische Recherchen, für Legitimations-Diskurse und die Vernetzung von Akteur*innen untereinander. Basierend auf den FAIR-Prinzipien (finable, accessible, interoperable, reusable, dt.: auffindbar, zugänglich, interoperabel und wiederverwendbar) soll eine solche Datenbank eine nachhaltige, gemeinsame und vor allem verlässliche Quelle für historische, aktuelle und zukünftige Theaterarbeit sein, welche die Leistungen der darstellenden Künste sichtbar macht, untereinander vernetzt und eine gemeinsame oder individuelle Datennutzung ermöglicht. Dabei sollen die Interessen der Nutzenden immer im Fokus stehen.

Aus diesem Anspruch heraus ergeben sich einige Herausforderungen. Wie kommen die Daten, die diffus verstreut auf teilweise öffentlich nutzbaren, teilweise auf privaten Servern liegen, in eine solche Datenbank? Wo gibt es Schnittstellen und wie könnte man diese nutzen? Welche Erfassungsinfrastruktur wäre notwendig? Wie können die bereits vorhandenen Daten aufbereitet und nutzbar gemacht werden? Wie lässt sich der Betrieb einer solchen Datenbank organisieren und wer könnte dafür kooperieren?

Theapolis sieht eine solche gemeinschaftlich nutzbare Struktur auch in gemeinschaftlicher Verantwortung und möchte die Vielfalt, die diese Datenbank abbilden soll, auch in der Betreiber-Organisation widerspiegeln. Denkbar wären an dieser Stelle ein Verein oder eine Genossenschaft, unterstützt durch entsprechende Fördergelder.

Ziel dieses Auftakttreffens ist der Austausch über Perspektiven, Erfahrungen, Chancen und Bedenken zu diesem Thema.

 

2. Vorstellung der Plattform Theapolis

Janine Thoenelt, Geschäftsführerin von Theapolis, stellt an dieser Stelle “Thea”, die aktuelle Produktionsdatenbank von Theapolis vor.

Hervorgegangen ist Theapolis aus der früheren Website theaterjobs.de, einer Jobbörse von Theaterschaffenden für Theaterschaffende. Wenn der Stellenmarkt auch heute noch das zentrale Kerngeschäft der Seite ist, so sind in den vergangenen Jahren weitere, wichtige Funktionen hinzugekommen. Unter anderem das Anlegen von Profilen, ein Newsletter als Sprachrohr der Szene und, seit drei Jahren, auch “Thea” – eine öffentlich zugängliche Produktionsdatenbank mit über 75.000 Produktionen. Gespeist wird Thea durch User Generated Content, also dem eigenständigen Eintragen von Produktionen über die jeweiligen Profile der Nutzer*innen. Dabei wird kein Anspruch an Vollständigkeit gestellt, trotzdem gibt es natürlich Verifizierungsprüfungen der Eingaben.

Abgeleitet aus den Erfahrungen mit Thea und der Notwendigkeit einer belastbaren Datenquelle für Theaterarbeit, ergab sich also der Wunsch nach einer gemeinsamen Inszenierungsdatenbank, wie eingangs beschrieben.

 

3. Öffentliche Vorstellungsrunde

Im folgenden Abschnitt werden die Äußerungen der Teilnehmenden stichpunktartig und chronologisch zusammengefasst.

Bernward Tuchmann (INTHEGA)

  • INTHEGA vertritt Häuser ohne Ensembles in Deutschland
  • momentan 450 Mitglieder, verstärkt im ländlichen Raum
  • seit 2014 gibt es Datenbank für Gastspiel-Produktionen (u.a. Tournee-Theater, Landestheater, freie Szene)
  • aktuell ca. 1.500 Produktionen, bezogen auf eine Spielzeit
  • Ausrichtung der Daten eher auf Zukunft gerichtet (übernächste Spielzeit)
  • ältere Produktionen sind jedoch auch gespeichert
  • Fokus: Disposition des Gastspielmarktes
  • wollen Datenbank weiter qualifizieren
  • finden Thema sehr interessant, Wo gibt es vielleicht deckungsgleiche Interessen?
  • aktueller Betrieb wird bei INTHEGA selbst gehostet, können hierbei Hilfe anbieten

 

Matthias Hirschbiegel (KOKOS.event)

  • etablierte Software für Kulturorganisationen Dispositionsbereich
  • Produktionen, Werke und Inszenierung werden erfasst
  • Interesse: Zeitaufwände sparen, Daten übernehmen, Planungserleichterung, Erfassungsaufwand vereinfachen
    • Nachfrage Sören Fenner: Funktioniert die Datenbank auch in umgekehrte Richtung? Könnten die erfassten Daten auch in die geplante Inszenierungsdatenbank ausgespielt werden?
    • Antwort Matthias Hirschbiegel: Frage der Datenhoheit, Bedenken bzgl. Rechten, setzt ein Zusammenspiel der Häuser und eine Kenntnis über diese Austausch-Prozesse bei allen Beteiligten voraus, wäre aber technisch möglich

 

Detlev Baur (Deutsche Bühne)

  • Position ist interessiert aber abwartend, in welche Richtung sich Projekt entwickelt
  • seit Spielzeit 14/15 existiert eine Werkstatistik des Deutschen Bühnenvereins mit einem Portal zur Datenerfassung
  • Fokus: Produktionen, nicht Gastspiele
  • Ziel: professionelle Theaterproduktionen einer Spielzeit in Zusammenarbeit mit Theatern und Produktionshäuser erfassen; freie Szene ist dabei noch nicht in Gänze erfasst
  • Differenzierung nach Sparten
  • erhobene Daten erscheinen 1 x jährlich als Buch “Die Werkstatistik”
    • Nachtrag Sören Fenner: Der Deutscher Bühnenverein besitzt die beste Datenqualität, Schatz an Daten wird seit Jahrzehnten nahezu vollständig und sehr umfangreich gepflegt und aufbereitet (geht 50 bis 60 Jahre zurück) → großes Interesse an Kooperation!
    • Problem: Publikationen nicht digital, sondern in Buchform → digitaler Raum wäre leichter zugänglich

 

Stefan Eschelbach (Deutscher Bühnenverein)

  • zuständig für Vertrieb und jährliche Theater-Statistik (Unterscheidung DBV: Theater-Statistik, Die Deutsche Bühne: Werkstatistik)
  • Digitalisierung ist im Kontext der Statistiken ein großes Thema
  • Veröffentlichung, Vergleichbarkeit von Daten → braucht neue inhaltliche und digitale Struktur
  • grundlegend interessiert, aber abwartende Haltung

 

Klaus Illmayer (Theadok.at)

  • theadok.at ist Inszenierungsdatenbank in Österreich
  • sammeln Inszenierungen für wissenschaftliche Forschung
  • Bestände umfassen Inszenierungen aus Österreich ab 1945 bis 2000
  • Metadaten basieren meist retrospektiv auf Kritiken und Programmheften
  • Interesse wäre daher: Sicherstellung einer hohen, gleichbleibenden Datenqualität
  • Schwierigkeit: gemeinsames Datenmodell entwickeln
  • es gibt viele Tools und Möglichkeiten → Braucht es wirklich etwas Neues?
  • Noch unklar, in welche Richtung Projekt zielt: a) Erfassungstools oder b) “Harvester” Plattform, welche Daten aus verschiedenen Quellen zusammenführt und beheimatet (Beispiel Wikidata) → beide Zugänge lassen sich evtl. nicht so gut zusammenführen
  • Frage nach Arbeit mit ID’s → Wer würde die vergeben? Was wäre die Referenzdatenbank?
  • verschiedene Herausforderungen, aber großes Interesse nach gemeinsamen Suchservice
    • Nachtrag Sören Fenner: wohin Reise geht ist noch unklar, wollen Interessen und Erfahrungen nutzen, Bedarfe abstecken
    • aktuelle Förderung ist sogenannte Netzwerk- und Strukturförderung, es geht um langfristigen Wissensaustausch

 

Patrick Primavesi (Theaterwissenschaftliches Institut der Universität Leipzig)

  • ist Theater- und Tanzwissenschaftler
  • leitet Tanzarchiv Leipzig e.V. mit Beständen zu Tanz in der DDR und zeitgenössischen Künstler*innen
  • Motivation: Archiv-Arbeit, Initiative zur Verknüpfung von Sammlung und Forschung
    das Teilen von relevanten Daten kann nur durch gemeinsame Anstrengungen funktionieren; es braucht viel Infrastruktur, diese Arbeit können Archive nicht allein leisten
  • Daten von heute müssen in der Zukunft mühsam zusammengesucht werden, daraus entstehen Qualitätsprobleme → Datenbankprojekt eröffnet neue Möglichkeiten und neue Qualität
  • Stakeholder müssen sich an der Entstehungsquelle der Daten zusammentun
  • Deutsche Forschung wird finanziell gefördert, Ziel: neuer Fokus auf Umgang mit Daten
  • Leipzig ist beteiligt an Projekt des FID (Fachinformationsdiensts) speziell zu Kulturdaten
  • Was wird aus Daten von heute, wenn sie nicht richtig erfasst werden? Es wird immer mehr Lücken in der Zukunft geben, Plädoyer an das Jetzt-Anfangen
  • Wichtig: gegenseitiges Einverständnis und Vertrauen! → soll nicht bestehende Modelle außer Kraft setzen; es muss klar geregelt sein, wie die Abläufe und Dateneinspeisungen funktionieren und wer Daten entnehmen kann
    • Nachtrag Sören Fenner: Es geht nicht darum, alle Daten in einen großen Pool zu geben. Die Hoheit muss bei jedem Akteur, jeder Akteurin selbst bleiben, aber referenzierbare Kerndaten in gemeinsamer Datenbank wären sinnvoll für alle

 

Janina Benduski

  • Vertretung des Vereins Archive der freien darstellenden Künste
  • für die freie Szene ist Archivierung und eigenmächtige Abbildung schon lang interessant, es gibt viele Institutionen die sich damit auseinandersetzen
  • ebenfalls gibt es viel Material, das geschützt und erhalten werden muss → aus dieser Motivation heraus wurde Verein gegründet
  • Interesse: Diskurs zusammen mit Gedächtnisinstitutionen und Häusern führen, Kommunikation und Verbindung ist wichtig, Verschaltung der Player untereinander ist wichtig → betont Pluralität der Ansätze
  • Archivverein hat Förderung durch BKM erhalten: Projekt einer Metadatenbank im Archiv Kontext, Laufzeit ab Sommer ‘22 für 3 Jahre; Newsletter dazu hier: https://www.theaterarchiv.org/home
  • interessiert an engem Austausch
    • Nachtrag Sören Fenner: Identifier sind hier wichtig für richtige Zuordnung der Materialien

 

Rüdiger Koch (Hanauer Papiertheater)

  • neu in der Szene; Unternehmer, Puppenspieler und Sammler, ist durch Verbandsarbeit in Szene gekommen; Vertreter der Puppen- und Figurentheaterszene
  • hebt Normdaten als zentrales Element hervor → Sprechen über Datenmodelle ist wichtig
  • Geschäftsmodelle dürfen nicht gefährdet werden, aber es muss auch gesichert sein, dass nicht alles hinter Bezahlschranken verschwindet
  • Interesse: frei zugängliche Normdaten für Forschung

 

Judith Brückmann (Berlin Bühnen)

  • Berlin Bühnen: Portal der Berliner Theater, Opern und Freien Spielstätten,
  • gegründet vor 18 Jahren als eine der ersten spartenübergreifenden, digitalen Veranstaltungsdatenbanken
  • Mittlerweile 90 Mitglieder und hoher Grad an Professionalisierung
  • Aktuell: von 2018 – 2022 über 20.000 Produktionen in Datenbank, davon über 1.000 veröffentlicht
  • Datenbankstruktur basiert auf IDs; ermöglicht umfassende Verknüpfung und Lesbarkeit
  • Bezug und Ausspielen der Daten über verschiedene Schnittstellen → ID System vor allem für Aktualität in den Veranstaltungskalendern wichtig
  • sehen sich selbst als Datendrehscheibe → geben Daten kostenlos weiter, Exportpartner*innen verdienen damit aber Geld; kein Open Data Konzept
  • Neben Kerndaten auch urheberrechtlich geschütztes Material (Bilder, etc.)
  • Daten zu Spielzeit 2015 – 18 sind bei Servercrash verloren gegangen
  • Auftrag Berlin Bühnen: Pflegen aktueller Daten, nicht bewahren und sammeln
  • Frage: Wie ist die Haltung der Spielstätten zu einem solchen Datenaustausch? Wo liegt für sie der Mehrwert?
  • sieht Herausforderung vor allem im Feld der Urheberrechtsklärung

Nachtrag 14.06.2022 von Judith Brückmann: Daten wurden wissentlich gelöscht, da der Server zu voll war und die Datenbank dadurch langsam. Produktionen, bei denen seit 2 Jahren keine neuen Daten (z.B. Spieltermine) angehangen wurden, wurden entfernt.

 

Stefan Grünig (hinto.ch)

  • Geschäftsführer der fugu GmbH, Digitale Agentur in Bern
  • hohe Nachfrage an Veranstaltungsdatenbanken
  • hinto.ch ist dezentrales Open Data Konzept
  • Veranstaltungsdaten werden direkt bei Institutionen abgeholt um die Qualität gewährleisten zu können
  • Daten einzeln in Formulare zu kopieren um sie wieder auszuspielen ist fehleranfällig und nicht mehr zeitgemäß → zentrale Datenbank wäre wünschenswert
  • hinto bietet diverse Services an: Embed Widgets oder auch Datenaggregation
  • interessiert und offen für Kooperation

 

Sven Schabram (HAU)

  • verschiedene Player zusammenzubringen ist sehr begrüßenswert
  • erheben aktuell Daten für statistische Zwecke für drei verschiedene Stellen → Muster dabei sind sehr unterschiedlich und sehr aufwändig → Zusammenführung würde einiges vereinfachen
  • Fragen: a) Gibt es einen Unterschied zwischen Produktionsdatenbank und Inszenierungsdatenbank? b) Was ist der primäre Zweck einer solchen Datenbank: die Archivierung von Daten oder die Nutzung im alltäglichen Theaterbetrieb
    • Nachtrag Sören Fenner: konkretes Ziel ist noch nicht abgesteckt, muss sich aus Interessen der Beteiligten ergeben, nutzer*innenorientiert → Dateneingabe soll sich vereinfachen, nicht verkomplizieren!

 

Margret Schild (Theatermuseum Düsseldorf)

  • tätig im Bereich Information und Dokumentation
  • intern werden solche Belange wie heute schon lang diskutiert; ihrer Meinung nach muss man verschiedene Ansätze verfolgen
  • Frage nach Normdaten und IDs kommt immer wieder → Frage: Was ist hier genau gemeint? Unterschiedliche Definitionen stehen einer universellen Nutzung im Wege → Begriffsklärung ist notwendig!
  • Können Ansprüche an Aktualität und Archivierung mit einem gemeinsamen Weg gelöst werden, oder muss man verschiedene Wege gehen?
  • Wichtig: Kleinsten gemeinsamen Nenner finden → Fokus auf Kerndaten, mit denen alle arbeiten können sowie eine geeignete Schnittstellen für Import und Export finden
  • skeptisch gegenüber einer zentralen Datenbank, begrüßt aber Initiative
    • Nachtrag Sören Fenner: Teilnehmer*innen haben völlig unterschiedliche Wissens- und Informationsstände; gerade ist ein gutes Zeitfenster, dieses Projekt gemeinsam anzugehen; sieht in Begriffsklärung ebenfalls einen wichtigen Aspekt

 

Martina von Bargen (LaFT Nds.)

  • Fokus auf Akteur*innen der freien Szene
  • Landesverband Niedersachsen mit 130 Mitgliedern
  • für Kollektive und Akteur*innen der freien Szene ist Sichtbarkeit extrem wichtiges Thema
  • betreiben seit 15 Jahren einen Spielplan für die freie Szene in Niedersachsen auf der eigenen Website
  • Fragen: Wie kann eine Szene wie die niedersächsische, die sehr verstreut agiert und dezentral organisiert ist, repräsentiert werden? Auch Kinder- und Jugendtheatermacher*innen arbeiten größtenteils unter dem Radar, können kaum repräsentiert werden → Wie will eine große, zentrale Website das leisten? Wie kann die Akteur*innenszene möglichst breit beleuchtet werden?
    • Nachtrag Sören Fenner: Frage ist auch, wer darf Daten überhaupt erfassen? Welche Priorisierung und Kuratierung von Daten nimmt man vor? Wie arbeitet man möglichst diskriminierungsfrei bei gleichzeitig hoher Datenqualität?
    • Theapolis arbeitet dabei sehr niedrigschwellig (alle dürfen Daten eintragen), aber wie ließe sich das für zentrale Datenbank umsetzen?

 

Anne Schneider (Flensburg)

  • Regisseurin, bewegt sich in Bereich Konzeption und Moderation; arbeitet gerade an regionalem digitalem Archiv
  • Ziel: “schlanke” Lösung für verschiedene Zielstellungen, Vereinfachung der selbstverwalteten Weitergabe von Daten
  • möchte als Regisseurin Zeit wieder mehr für künstlerische Arbeit in den Fokus stellen
  • unterstützt Initiative, hat Interesse an Austausch
  • Veranstaltungsreihe zur Geschichte der freien darstellenden Künste, künstlerischer Forschung und Generationswechsel an Theater: Bei Interesse bitte melden bei: anne.schneider@gmx.com, in Kooperation mit dem LAFT Niedersachsen findet am 27./28. Oktober in Hannover ein abschließender Kongress mit dem Fokus ,Generationenwechsel’ im Rahmen des Projekts statt.
  • Motivation: Möchte archivierte Bestände erhalten und diese anschlussfähig und greifbar machen; Leerstelle in Theatergeschichtsschreibung schließen
    • Nachtrag Sören Fenner: Wiederverwendung von Daten ist ein zentraler Aspekt des FAIR Prinzips, möchte neue Zugangsmöglichkeiten zu diesen Beständen schaffen 

 

Anne John (Fonds Darstellende Künste)

  • Bundeskulturförderfonds, vergeben Mittel an Künstler*innen und Gruppen → haben Antragsdatenbank, über welche das Förderverfahren verwaltet wird (Archiv geht bis 2007 zurück)
  • Fördervolumen ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen; jetzt mit Möglichkeit des Selbstverwaltungsbereichs innerhalb der Datenbank (Künstler*innen geben aktuelle Daten selbst ein)
  • diese Daten werden dann genutzt, um einzelne Projekte nach Außen über Social Media und den Newsletter sichtbar zu machen
  • es soll einen entsprechenden Port geben, um Kalender auf Website zu implementieren um sich über aktuelle Produktionen zu informieren
  • Bedenken: Datenschutz und Rechtefrage → steht dem eher skeptisch gegenüber, lässt sich aber gern überzeugen
  • interessiert, aber abwartende Haltung
    • Nachtrag Sören Fenner: Kerndaten sind urheberrechtlich wahrscheinlich unbedenklich; Verpflichtung der Geförderten zur Erfassung der Kerndaten wäre wünschenswert

 

– PAUSE –

Elisabeth Caesar (SPECTYOU)

  • SPECTYOU ist Videoplattform, um Theaterproduktionen zeit- und ortsunabhängig anschauen zu können; über 230 Theater und Gruppen, 3.000 verknüpfte Profile, 130 Produktionen, über 300 Livestreams auch international
  • befassen sich auch mit neuen hybriden formaten (VR, AR, KI, 3D, …)
  • bereits Erfahrung in Auseinandersetzung mit juristischen Fragen zu Urheber- und Verlagsrecht
  • begrüßen Initiative, sind immer dafür Banden zu bilden und Kommunikation voranzutreiben
  • Frage: Wie soll Datenbank aussehen und wie soll sie sich strukturieren? Wie kann standardisierte Datenerfassung erfolgen? Wie können Daten handlebar bleiben?
  • SPECTYOU sind viel zu klein um sich umfassenden Datenbank Projekt zuwenden zu können
  • Motivation: Archive, die bereits urheberrechtlich und datenschutzrechtlich geklärte Materialien besitzen, gebündelt zusammenzutragen und zu erfassen, welche Produktionen wo und wie sichtbar und zugänglich sind
  • Wichtiges Stichwort: Datenbankpflege! → möglichst ganzheitlich denken
    • Nachtrag Fenner: mit kleinen Schritten anfangen und zusammentragen, welche Institution wo und wie über welche Daten verfügt; Konzept der nachhaltigen Datenbankpflege ausarbeiten: nicht händisch!

 

Ulf Otto

  • Verabschiedet sich über Chat: “Ich muss mich leider auch schon verabschieden aufgrund eines Folgetermins, möchte mich aber auch noch einmal für die Initiative bedanken und würde mich sehr freuen, weiterhin in Kontakt zu bleiben.”

 

Beat Estermann (Berner Fachhochschule)

  • Dozent am Institut für Public Sector Transformation in Bern → Digitalisierung und öffentlicher Sektor, Open Data Association Schweiz seit 2013
  • war betraut mit Aufbau des Swiss Archive for Performing Arts → Fokus auf professionellem Theater, sämtliche Inszenierungen teilweise 150 Jahre zurück lückenlos erfasst
  • Technologie der Zukunft muss international und global aufgezogen werden; macht Vernetzung notwendig
  • notwendig, Brücke zwischen Theater und Archiven bilden
  • aktuelles Projekt:
    • Informationen zur geplanten COST-Action Digital Ecosystem for the Performing Arts: https://docs.google.com/document/d/1gGmIYTiEJ8Lco-OwgXsN6dkNGEUhbwkS6bk4aHSwCdA/edit?usp=sharing
    • Bisherige Infomails: https://docs.google.com/document/d/1gGmIYTiEJ8Lco-OwgXsN6dkNGEUhbwkS6bk4aHSwCdA/edit?usp=sharing
    • Linked Digital Future Initiative (CAPACOA): https://linkeddigitalfuture.ca/
    • https://www.wikidata.org/wiki/Wikidata:WikiProject_Performing_arts
    • https://www.performing-arts.ch/resource/sapa:Search
  • sieht großen Vorteil in der Vernetzung und dem Zusammenschluss des deutschsprachigen Raumes in dem Feld der Performance Art → möchte kollektives Handeln ermöglichen
  • Interesse an Innovationsförderung
    • Nachtrag Sören Fenner: Unbedingt an Erfahrungen von Beat Estermann anknüpfen, muss auf jeden Fall im Projekt bleiben!

 

Melanie Gruß (NFDI4C, Theaterwissenschaftliches Institut der Universität Leipzig)

  • aus Forschungsperspektive wäre gemeinsame, referenzierbare und verlässliche Datenbank enorm wichtig
  • dabei muss Spezifität des Gegenstandes und unterschiedliches Vokabular innerhalb der Sparten bedacht werden
  • interdisziplinäres Lernen von Performing Arts und Darstellenden, sowie Bildenden künsten
  • AG Archiv der Gesellschaft für Theaterwissenschaft beschäftigt sich auch schon lang mit der Frage, was sind sinnvolle Kerndaten, auf die man sich universell beziehen könnte?
  • steht über Projekt auch in Kontakt mit der GND um Performing Arts stärker zu positionieren → aktiver Austausch und gemeinsames Arbeiten an Lösungen, Erfahrungen daraus können in Projekt einfließen
  • Aktiviäten der AG Archiv: https://home.uni-leipzig.de/gtw-ag-archiv/?page_id=1142
    • Nachtrag Sören Fenner: Sensibles Feld der Aushandlung! Wir müssen nichts Neues erfinden, sondern alle Fäden zusammenführen und strukturieren sowie Menschen und Erfahrungen zusammenbringen.

 

Henning Fülle

  • Frage an Beat Estermann: Wie ist Schweizer Freie Szene in SAPA abgebildet?
  • Ziel: nicht nur Stadt- und Staatstheater, sondern auf die freien darstellenden Künste als Bestandteile des kulturellen Gedächtnisses etablieren und festigen
  • Entwicklung einer digitalen Struktur muss bedenken, dass bestehendes Material erst beschrieben und erfasst werden muss, um es zugänglich zu machen
  • Fokus: Vergangenheit muss sich in Zukunft und Gegenwart einreihen (kulturpolitischer Auftrag) für Forschung und kulturelle Praxis
  • Gedanke der schlanken Lösung klingt charmant, lässt aber vieles außen vor
  • Linked Open Data muss komplexe Datenzusammenhänge sichtbar machen können sowie historische Archivalien zugänglich, anschlussfähig und sichtbar machen
  • Wichtig: Im Sinne der Ökonomie darf man sich nicht verleiten lassen, zu viele Aspekte und Dimensionen zu vereinfachen
    • Reaktion Beat Estermann: Linked Open Data ermöglicht Lückenfüllung, man muss mit Lücke leben; SAPA: kann nicht offiziell dafür sprechen, aber Vorgehen war ähnlich wie hier vorgeschlagen: nach 2. Weltkrieg begann die Datensammlung, es folgte eine sukzessive Erweiterung; rückwirkend sollte möglichst alles erfasst werden
  • Laientheater wird nur auf freiwilliger Basis gesammelt und archiviert
    • Nachtrag Sören Fenner: Lücken wird es, vor allem am Anfang, immer geben; können rückwirkend gefüllt werden, aber der Anreiz muss stimmen

 

Julia Beck (FID DK)

  • sammeln Daten aus Bibliotheken, Archiven und Museen mit thematischem Schwerpunkt der Theaterlandschaft (1.2 Mio. Ressourcen, 120.000 Personaldaten)
  • was dabei als “Kerndaten” zu bezeichnen ist, ist sehr unklar
  • für Referenzierbarkeit und Eindeutigkeit der Daten muss eventuell der Weg über eine Standardisierung gegangen werden
  • es braucht smarte Erfassungsmasken, um Datenerfassung zu vereinfachen
  • Frage: Welche Kerndaten sind relevant? Was ist “das Werk”? Das Urwerk, die Inszenierung? Was ist für Nutzer*innen interessant?
  • wenn Masse der Daten sehr groß wird, ist FAIR Prinzip sehr wichtig → schlau filtern und Ranking macht Auffindbarkeit einfacher (hierfür braucht es Struktur!)
  • ID’s müssen stabil und langfristig verfügbar sein → Wer hat die Datenhoheit?
    • Nachtrag Sören Fenner: Bildung von Arbeitsgruppen zur Bearbeitung spezifischer Themen

 

Livia Rutishauser (DTD)

  • beim DTD gibt es aktuell Förderprogramm “tanz:digital” → von BKM gefördert im Rahmen von Neustart Kultur, 50 geförderte Projekte aktuell; Projekte befassen sich mit der Erprobung neuer Technologien im Rahmen von Tanz
  • entwickeln dazu Plattform zur Sichtbarmachung der Projekte; gleichzeitig Streamingplattform für Tanz
  • arbeiten dafür mit 5 Archiven zusammen, Ziel: Zeitgenössisches abzubilden und in Verbindung mit Historischem zu bringen
  • Livia koordiniert die Entwicklung dieser Plattform und die redaktionelle Betreuung
  • Frage: Welche Kerndaten sind im Rahmen einer solchen Plattform zu erfassen, damit es für alle Player interessant und handlebar ist?

 

4. Diskussionsrunde, Aussicht und weiteres Vorgehen

Nach der Offenlegung der verschiedenen Erfahrungen und Motivationen der Teilnehmenden, schlägt Sören Fenner den Bogen zum weiteren Vorgehen und erläutert noch einmal die Konditionen der aktuellen Förderung. Der Förderungszeitraum des Projektes ist bis zum 31.12.2022 begrenzt, was einen sehr engen zeitlichen Rahmen abgesteckt und ein möglichst konstruktives und zeitnahes Handeln erforderlich macht. Dass ein solches, umfangreiches Projekt aber Zeit und vor allem Kommunikation bedarf, steht dabei außer Frage und eröffnet somit einen Konflikt. Unabhängig vom aktuellen Förderungszeitraum stellt sich nun also die Frage: Was sind die nächsten Schritte? Wer kann und muss dabei sein, damit dieses Vorhaben funktioniert?

Matthias Hirschbiegel

Die Dinge müssen klar(er) strukturiert werden, die Zielrichtung ist noch undefiniert.

  • Grundsatz: gemeinsame Sprache, Vokabular klären → Dictionnaire führen
  • gemeinsames Ziel: tragfähige und sukzessiv erweiterbare Datenstruktur, zukunftskonform und nutzbar
  • Daten liegen aktuell verstreut in Datenbanken und sind Grundlage des Vorhabens
  • zentrale Frage: Wie bekommt man Daten ins System? Wie müssen einen Nutzen für Datenerfasser*innen schaffen

 

Sören Fenner

  • stimmt Punkten seines Vorredners zu
  • auch wichtig ist zukünftiger Betrieb → bedenken wie sich Betrieb der Datenbank organisieren soll: Wer ist beteiligt? Wer hat welche Rechte und in welcher Form? Wo sind die finanzielle Ressourcen?
  • Frage nach Vernetzung und Zugang: Wer darf eintragen? Wie verifiziert man?
  • Fasst große Hauptanliegen zusammen:
    1) Frage der gleichen Sprache und der “Kerndaten”
    2) Datenstruktur und Entwicklung der Datenbank
    3) Erfassung und Harvesting
    4) Betrieb

 

Judith Brückmann

  • spricht sich für Bestandsaufnahme von aktuellen Beständen, Datenbanken aus → man muss klären: Von welchen Daten spricht man? (Übersicht des Vorhandenen)
  • Wie kann man mit den verschiedenen technischen Ausstattungen der Datenbanken umgehen und arbeiten
  • Was soll neue Datenbank leiten?
  • Wird das vielleicht ein europäisches Projekt? Dann müsste man andere kulturpolitische Ebene ansprechen

 

Klaus Illmayer

  • hat genaueres Konzept erwartet, Projekt muss europäisch besprochen werden; Vergleich zu COST Action? Wieso Strukturen verdoppeln?

 

Sören Fenner

  • muss sich noch mit Cost Action auseinandersetzen
  • Kompatibilität von nationalen Arbeitsgruppen mit übergreifendem, internationalem Vorhaben prüfen
  • Fokus im nationalen Bereich auf Outreach und Überzeugungsarbeit auf Augenhöhe mit Akteur*innen
  • Was kann das Projekt leisten, um einen sinnvollen Teil zu COST Action beizutragen?

 

Beat Estermann

  • beide Initiativen stehen nicht im Widerspruch zueinander; nationale Gruppierungen unterstützen internationale Player
  • ist interessiert an weiterem Austausch
  • Frage: Wie ließe sich COST Action mit dem Vorhaben hier verbinden?

 

Patrick Primavesi

  • unterschiedliche Perspektiven, aus denen sich Profil des Projektes ergibt; das ist nicht hinderlich, sondern fördert Offenheit und Flexibilität!
  • müssen mit globaler Perspektive trotzdem lokal und akteursbezogen handeln
  • unterstützt Vorschlag der Bestandsaufnahme von Frau Brückmann
  • Frage an Alle: Was würde jede*r als “Kerndaten” freigeben? Was ist darüber hinaus wichtig und definiert den eigenen Arbeitsbereich?
  • Fokus: transparente Kommunikation und Organisation der Struktur
  • strebt Bestandsaufnahme sehr bald an

 

Klaus Illmayer (im Chat)

Nur als Hinweis für eine mögliche technische Infrastruktur (wenn der Harvesting-Aspekt im Zentrum steht): der Ansatz der europaweiten Plattform OpenAIRE (https://www.openaire.eu/) Daten zu diversen Forschungsoutputs (Publikationen, Projekte aber auch Ereignisse) zusammenzuführen, zu enrichen und zu distribuieren hat meines Erachtens nach einen Vorbildcharakter (speziell in den Interoperabilitätsüberlegungen, siehe auch https://guidelines.openaire.eu/en/latest/)

 

Sören Fenner – Konkretes Vorgehen:

  1. Bestandsaufnahme: Wie ist jede Datenbank strukturiert? Wie sammelt ihr? Was sind “Kerndaten” in eurem Empfinden? Was würdet ihr freigeben? Was erwartet ihr von Datenbank?
  2. Frage nach Dictionnaire → gemeinsame Sprache finden
  3. Harvesting → Bekommen wir die Datensätze zusammen?
  4. Projekt auf Festivals und Veranstaltungen der freien Szene bekannt machen und Bewusstsein schaffen
  5. Betriebsstruktur entwickeln

 

Milestones

Für eine möglichst transparente Kommunikation und einen fortlaufenden Austausch sind weitere Beteiligungsrunden im Rahmen des Projekts geplant. Die nächste Runde wäre am Freitag, den 24. Juni, weitere sind für September und November/Dezember geplant. Es wäre wünschenswert, bereits bei der nächsten Sitzung in kleineren Arbeitsgruppen ins Detail zu gehen und konkrete Themenkomplexe zu besprechen.
Patrick Primavesi merkt an, dass all diejenigen, die heute nicht zu Wort gekommen sind und sich an einer Mitarbeit interessieren, bitte ein eigenes, kurzes Statement mit möglichen Erfahrungswerten und Motivationen verfassen.

Bei Fragen und Anregungen, bittet Sören Fenner um Kontakt über folgende Mailadresse: soeren@theapolis.de

 

Dieses Projekt wird gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEUSTART KULTUR.

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